Zukiswa Ramncwana ist in einem kleinen Dorf in Südafrika aufgewachsen, unter einem Regime, das ihr selbst die grundlegendsten Rechte verwehrte. Nach dem Ende der Apartheid setzt ein gewaltiger Modernisierungsschub ein, der das soziale Gefüge in ihrem Umfeld völlig umkrempelt.
Michel Berandi hat seine Kindheit in Paris verbracht. Als Jugendlicher befreit er sich von den bürgerlichen Konventionen, die seinen Eltern so viel bedeuten, doch Drogen, Sex und Rock’n’Roll führen ihn an den Rand des Abgrundes.

Zukiswa Ramncwana

Michel Berandi
Melissa Hensy läuft aus der disziplinierten, abgeschotteten Welt ihrer amerikanischen Soldatenfamilie nach Panama davon, um künftig selber über ihr Leben zu bestimmen. Die Selbstbefreiung endet in einem Alptraum.
Li Pujian kommt in einer chinesischen Provinzstadt auf die Welt. Sein Vater wird während der Kulturrevolution gedemütigt und verprügelt und später mit der Familie aufs Land verbannt. Die Lis sind mausarm, oft gibt es kaum genug zu essen. Dann beginnt ein beispielloser Wirtschaftsboom, der Lis Leben von Grund auf ändert.

Melissa Hensy

Li Pujian
Aus radikal subjektiven Perspektiven geht «Parallel Lives» der Frage nach, wie sich Utopien, Träume und das Bewusstsein des Einzelnen vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse gewandelt haben. Was ist mit den Kindern des 8. Juni 1964 passiert im Spannungsfeld von Befreiung und Entwurzelung, Individualismus und Vereinsamung, Toleranz und Gleichgültigkeit?
«Der Chronist, welcher die Ereignisse hererzählt, ohne große und kleine zu unterscheiden, trägt damit der Wahrheit Rechnung, dass nichts was sich jemals ereignet hat, für die Geschichte verloren zu geben ist.»
«Das wahre Bild der Vergangenheit huscht vorbei. Nur als Bild, das auf Nimmerwiedersehen im Augenblick seiner Erkennbarkeit eben aufblitzt, ist die Vergangenheit festzuhalten.»
Walter Benjamin
Ich erinnere mich noch an die Namen, und wenn ich die Augen schliesse, sehe ich kindliche Gesichter vor mir, manche unscharf und verblasst, andere erstaunlich lebendig. Es gab in meiner Primarschulklasse Dicke und Dünne, Mauerblümchen und Angeber, Arbeitertöchter und Kleingewerblersöhne. Trotz der sozialen und kulturellen Unterschiede prägten die Gemeinsamkeiten unser Selbstverständnis stärker als die Gegensätze: Wir lebten im selben Dorf, waren Kinder des Wirtschaftsbooms, wir lachten über dieselben Witze, sahen Teleboy und Raumschiff Enterprise, liebten Emil, Wienerschnitzel und Coupe Danmark. Im Vergleich zu heute wuchsen wir in einer relativ homogenen Gesellschaft auf. Die meisten von uns waren noch nie im Ausland gewesen, und es gab in unserer Klasse nur zwei, drei Kinder, deren Eltern aus einem anderen Land eingewandert waren. Unsere Grosseltern lebten seit Jahrzehnten in derselben Wohnung und arbeiteten ein Leben lang für denselben Arbeitgeber.

Der Filmemacher Frank Matter (r.) mit fünf Jahren
Vor einigen Jahren habe ich viele meiner ehemaligen Schulkamerad*innen an einer Klassenzusammenkunft wieder getroffen. Manche hatte ich seit 1977 nicht mehr gesehen. Fasziniert lauschte ich den Erzählungen. Einige Lebensgeschichten schienen vorbestimmt durch das Umfeld, in denen die Erzähler*innen aufgewachsen waren, andere Schulfreund*innen hingegen waren überraschende Wege gegangen.
Die Gespräche an jenem Abend riefen Erinnerungen aus meinem eigenen Leben wach. So musste ich an den Onkel denken, der lange mein Lieblingsonkel gewesen war. Mit ihm gab es immer grosse Abenteuer zu erleben. Er besass ein Boot auf dem Zürichsee, zudem assen wir mit ihm fast jeden Tag auswärts, und ich liebte Boote und Restaurants. Später hielt er mir lange Vorträge über seine Lebensansichten, etwa darüber, dass «Neger» zwar fröhliche Menschen seien, aber doch ziemlich kindisch, zu kindisch, um ernsthaft zu arbeiten oder selber ein Land zu regieren. Kein Wunder, dass ich mich mit ihm fürchterlich zerstritt, als in der Pubertät mein politisches Bewusstsein erwachte und ich begann, mich gegen das Apartheid-Regime zu engagieren.
Dann stellte sich eine andere Erinnerung ein: Im Religionsunterricht zeigte uns der Pfarrer manchmal grässliche Bilder von Hungersnöten, Kriegsgebieten und Slums. «Seht, wie viel Elend es gibt in dieser Welt!» rief der Gottesmann donnernd durch den Pfarreisaal, nur um uns sofort zu versichern, es sei allein der Gnade Gottes zu verdanken, dass es uns so viel besser gehe als anderen, denn der Schöpfer hätte uns auch in Mali oder Vietnam auf die Welt setzen können. Deshalb, fuhr der Priester fort, sollten wir aus Dank einen Teil unseres Taschengeldes für die Armen spenden. Und statt zu quengeln und zu jammern, wenn etwas nicht nach unserem Wunsch ging, sollten wir uns glücklich schätzen, dass wir in der Schweiz leben durften. «Demut, Kinder, Demut», bläute uns der Geistliche ein, das zeichne einen wahren Christen aus!
Die pfarrherrlichen Worte beschäftigten meinen kindlichen Geist. Ich fragte mich, warum Gott gerade mir die Gnade erwiesen hatte, in einem reichen, friedlichen Land zur Welt zu kommen statt im guatemaltekischen Bürgerkrieg? Und was hätte es bedeutet, wenn ich woanders geboren worden wäre: Wäre ich dennoch ich oder wäre ich ein Anderer? Und was ist denn überhaupt das sogenannte Ich, nur ein zufälliges Gefüge, dessen Beschaffenheit im Wesentlichen von Ort und Zeit abhängt? Träfe Letzteres zu, dachte ich, wäre die Gnade Gottes, von welcher der Pfarrer gesprochen hatte, keine persönliche, mir zugedachte Geste, sondern ebenso ein Produkt des Zufalls wie mein Ich.
Die Erinnerungen an diese existenziellen Erwägungen eines Dreikäsehochs begleiteten mich an jenem Abend auf dem Rückweg vom Klassentreffen nach Hause. In den folgenden Tagen dachte ich viel über die mannigfaltigen Beziehungen zwischen Zeit und Ort, Gesellschaft und Individuum, Wahrnehmung und Bewusstsein nach.

Valentina Tereshkova, erste Frau im Weltraum
Da nahm langsam ein Einfall Gestalt an: Ich wollte die Geschichten einer Handvoll Menschen erzählen, die am selben Tag wie ich zur Welt gekommen waren, jedoch in anderen Ländern und unter völlig unterschiedlichen Bedingungen. Meine eigene Geschichte sollte als Folie dienen, durch die ich die Biographien meiner Zwillinge betrachte. Die Welt hat sich seit meiner Geburt stark verändert, von der Entkolonisierung Afrikas über den gesellschaftlichen Umbruch nach dem Mai 68 bis zum Untergang der realsozialistischen Systeme, von der Öffnung der Kapitalmärkte bis zur zunehmenden Akzeptanz von sexuellen Minderheiten. Ich wollte der Frage nachspüren, wie die Veränderungen in der Aussenwelt unser Bewusstsein und die Wahrnehmung formten und wie gleichzeitig Bewusstsein und Wahrnehmung unser Handeln und so die Epoche prägten. Was ist mit mir und meinen Zwillingen passiert im Spannungsfeld von Befreiung und Entwurzelung, persönlicher Freiheit und Vereinsamung, Emanzipation und Bevormundung, Toleranz und Gleichgültigkeit?
Mit viel Enthusiasmus machte ich mich auf die Suche nach den Kindern des 8. Juni 1964. Schon durch eine einfache Google-Recherche stiess ich auf mehrere bekannte Zeitgenossen, die am selben Tag das Licht der Welt erblickt hatten wie ich, etwa einen Olympia-Mittelstreckenläufer und den Toningenieur von Bob Dylan. Besonders faszinierend fand ich die Kosmonautentochter Yelena Adrianovna Nikolayeva, das allererste Kind, dessen Eltern beide im All gewesen waren. Ich schrieb ihr wiederholt an eine E-Mail-Adresse, die ich online fand, und versuchte, sie mit Hilfe einer russischsprechenden Freundin auch telefonisch zu erreichen. Doch sie beantwortete meine Anfragen nicht.
Über Facebook-Inserate und mit Hilfe von lokalen Rechercheur*innen vertiefte ich die Suche. Dabei konzentrierte ich mich vor allem auf Orte, die in meiner eigenen Biographie eine wichtige Rolle gespielt hatten: Südafrika, die USA, Paris und China. Im Lauf der Monate wuchs die Zahl der möglichen Protagonisten auf rund drei Dutzend an. Nachdem ich mich mit vielen von ihnen ausgetauscht und einige persönlich besucht hatte, entschied ich mich für vier von ihnen. Klare Kriterien hatte ich keine; ich liess mich bei der Auswahl durch meine Intuition inspirieren.
In «Parallel Lives» erzählen die Protagonisten aus radikal subjektiver Haltung, wie sie die Zeitgeschichte seit dem Juni 1964 erlebt haben. Der Film ist ein vielschichtiger Bilderbogen, der die Zuschauer*innen auf eine bewegende Reise mitnimmt und mit den Mitteln des Kinos spannende und verrückte Geschichten erzählt. Natürlich kommen in «Parallel Lives» auch die grossen historischen Trends und die herausragenden Ereignisse vor; manche dieser Geschehnisse haben die Protagonisten am eigenen Leib miterlebt, von anderen haben sie nur am Rande erfahren und von einigen weiteren wiederum gar nichts mitbekommen. Aber auch wenn wir als Individuen in einer ständigen Interaktion mit Zeit und Umwelt stehen, hat letztlich jeder nur sein Leben, seine Erfahrung, seine Erinnerungen, und diese Erinnerungen sind in konstanter Veränderung begriffen, ständig neu geformt durch die Gegenwart. Diese Dialektik, die das menschliche Dasein so fundamental prägt, lotet der Film aus. Dabei bedient er sich einer dynamischen, sich ständig wandelnden (und ebenfalls dialektischen) Verschränkung von Bild, Ton und Erzählung.
«Unglaublich bildstark und berührend.»
Brigitte Häring, SRF 2 Kultur
««Parallel Lives» ist für mich ein «Grosses Welttheater», wie es Calderón, wäre das Kino zu seiner Zeit bereits erfunden gewesen, gemacht hätte. (…) ein grossartiges, sinnliches, leidenschaftliches Schau-, Hör- und Denkspiel.»
Hanspeter Stalder, der-andere-film.ch
«Simple Idee, toller Film.»
Aargauer Zeitung
«… ein Werk, das als ungeschminkte Selbst- und Weltbetrachtung unter die Haut geht.»
Dagmar Brunner, ProgrammZeitung Basel
««Parallel Lives» lässt tief hinter die Fassade der ProtagonistInnen blicken und gibt einen intimen Einblick in deren Lebensgeschichten, ohne zu dramatisieren oder ein Spektakel daraus zu machen. Nüchtern, unaufgeregt und spannend.»
Noemi Keller, Radio X
«Eindringlich und sehr berührend.»
3Sat Kulturzeit
«(…) Frank Matter hat für seinen Dokumentarfilm Menschen besucht, die seine Zwillingsgeschwister sein könnten. Menschen wie du und er und ich. Gestern vom Schicksal gebeutelt, morgen vom Schicksal begünstigt. Und allesamt Kinder des 8. Juni 1964. (…) Über zwei Stunden gönnt Frank Matter seinen «Parallel Lives» – und seinem Publikum, um sich von seiner schlagend schlichten wie aufwendig recherchierten Idee einfangen zu lassen. Allfällige Vorbehalte, hier doch nur medial Wohlbekanntes aus den 60er-, 70er, 80er- und 90er-Jahren gespiegelt zu bekommen wischt eine dramaturgisch erfahrene Hand gründlich beiseite. (…) ein absolut sehenswerter Film.»
Stephan Reuter, Basler Zeitung
«(…) Eine ebenso spannende wie reichhaltige Zeitreise, bei der Basler Filmemacher nicht nur über den Wandel der Welt, sondern auch über Zufall und Schicksal reflektiert. (…) Ein grosser Wurf ist Matter mit diesem Dokumentarfilm gelungen. Meisterhaft spannt er ein weites Netz, zeichnet mit seinen vier Protagonist*innen und seiner eigenen Biografie spannend private Lebensläufe nach und macht eindrücklich bewusst, wie sehr diese immer mit den gesellschaftlichen Veränderungen verbunden sind.»
Walter Gasperi, film-netz.com
«Es ist keine Geschichtslektion, die uns der Regisseur erteilt, sondern eine Reflexion über das Kleine im Grossen, private Schicksalsschläge und den Lauf der Welt. Ein reicher, anregender Film, mit präzisen Bild- und Tondokumenten aus zahlreichen Quellen. Und vier sehr unterschiedlichen Geschichten, die einem fremd sind und vertraut zugleich.»
Matthias Lerf, Züritipp
«Matter flicht zwischen den fünf Menschen mittels der Zeitgeschichte ein Band. Das Grosse – politische Umwälzungen, 9/11 oder der Flug auf den Mond – steht gleichberechtigt neben dem Kleinen, das Weltgeschehen neben dem Alltag. Diese Kombination ist ergiebig, kurzweilig und vielschichtig. Und sie macht, dass der Film über die eigentliche Laufzeit hinausreicht.»
Raphael Amstutz, Bieler Tagblatt
«Der Regisseur verwebt ihre Geschichte (der Protagonisten) mit seiner eigenen, findet durch sie persönlichen Zugang zur Zeitgeschichte und macht so mit geschickter Montage von Archivmaterial das verflochtene Weltgeschehen sicht- und greifbar.»
Jeannette Wolf, Radio Bern RaBe
«In vielerlei Hinsicht könnten diese Existenzen kaum unterschiedlicher sein – doch Gravitätszentrum ist der Filmemacher selbst. Zwischen den vier Geschichten konturieren sich seine Lebensstationen, Umbrüche und Fragen: Wie bin ich, wie ist ein Mensch der geworden, der er – mit über 50 Jahren – ist? Kann man sich von Prägungen lösen? Matter gelingt eine intelligente, uneitle Selbstbespiegelung, die seine Existenzbedingungen in den weiten Bezugskontext der 1960er-Generation stellt.»
Bettina Spoerri, cinebulletin
«… ein berührender Dokumentarfilm über die Unwägbarkeiten des Lebens … PARALLEL LIVES (…) vereint die Stimmen seiner Protagonistinnen und Protagonisten zu einem kraftvollen Akkord, der sechs Jahrzehnte und vier Kontinente umfasst … PARALLEL LIVES taucht nicht in eine nostalgische Vergangenheit ab; der Film trägt seine Erinnerungen in die Gegenwart und bringt sie zum Klingen. Das Leben mag sich auch ohne Pandemie im Warteraum des Zufalls abspielen, den Soundtrack dazu steuern wir aber selber bei.»
Hannes Nüssler, bz Basel
«Die Biografien der Protagonisten werden ergänzt von bisher kaum gesehenen Archivaufnahmen. (…) Grosse historische Ereignisse werden dokumentiert und mit brilliant formulierten Texten untermalt. Es ergibt sich ein gut abgerundetes Gewebe, das durch die Geschichte des Filmemachers selbst zusammengehalten wird. (…) Nachdem man über zwei Stunden den Erzählungen der Protagonisten gelauscht, sich hineingefühlt hat, bleibt am Ende schliesslich das Verlangen zurück, noch mehr über deren Leben zu erfahren.»
Vanessa Büchel, Bolero Magazin
«Frank Matter spürt auf sensible und selbstbewusst subjektive Art den Lebenswegen von vier Altersgenossen nach und setzt sie dem eigenen gegenüber. Wie unterschiedlich haben sie die Zeitgeschichte seit ihrer Geburt im Juni 1964 erlebt? (…) Ein vielschichtiger Bilderbogen, der Zuschauer*innen auf eine bewegende Reise mitnimmt.»
arttv.ch
«… eine faszinierende Zeitreise durch die letzten 58 Jahre.»
Keystone-SDA
«Matter verortet die verschiedenen Erzählungen im Spannungsfeld wichtiger politischer Ereignisse und gesellschaftlicher Entwicklungen und entwirft in bilderprächtiger Verdichtung ein faszinierendes Puzzle jüngster Zeitgeschichte. Ausgangspunkt seiner Suche ist die dem Film vorangestellte Frage nach der Schicksalhaftigkeit des Seins und dem, was Menschen verbindet und einander fremd sein lässt.»
Irene Genhart, cineman.ch
«In Parallel Lives verwebt er (Frank Matter) die Lebensgeschichten von Melissa, Zukiswa, Li und Michel mit reichem Archivmaterial und Elementen aus seiner eigenen Biografie. Er komponiert so ein faszinierendes dokumentarisches Fresko, das zeigt, wie stark die Beschleunigung der Globalisierung die Lebensgeschichten der Menschen beeinflusst hat.»
St. Galler Tagblatt
«(Parallel Lives) macht deutlich: Der Mensch ist nicht nur die Summe seiner Gene oder Entscheidungen, sondern immer auch ein Spiegel des Zeitgeistes.»
Monika Bettschen, Surprise Magazin
««Parallel Lives» verknüpft kunstvoll und atemlos die Biografien von fünf Menschen auf vier verschiedenen Kontinenten. (…) Regisseur Frank Matter fügt die Proträts seiner Zeitgenossen zu einem grossen Ganzen, das einen über das Leben und die Menschheit nachdenken lässt.»
Natalie Fritz, Medientipp, kath.ch
«Ein Regisseur, geboren am 8. Juni 1964, dreht einen Film über vier am selben Tag Geborene und erzählt mit Newsarchiv-Bildern ein halbes Jahrhundert. Das klingt enorm zufällig. Aber Könnerschaft und enormer Fleiss haben daraus eine umwerfende Dokumentation gemacht. Begonnen beim Casting: Da ist die Amerikanerin, im Army-Milieu aufgewachsen, die ausschliesslich an toxische Männer gerät, bis sie einen findet, den die Religiosität im Zaume hält. Oder die Südafrikanerin, die von ihrer Unterdrückung im Apartheitsstaat berichtet, vom Befreiungskampf und von den Fährnissen danach. Der Chinese, geprägt vom Schrecken der Kulturrevolution und Chinas Aufstieg vom Hungerland zur dominierenden Macht. Und der rebellische Pariser, der Karriere als Modedesigner macht und dann den Drogen verfällt. Sie alle sind gegerbt von 60 Jahren globaler und individueller Geschichte, die Frank Matter mit privaten Fotos und kaum gesehen Archivaufnahmen verwebt. Und da ist die Geschichte des Regisseurs selbst, der klugerweise seinen brillant formulierten Text von einem Profi lesen lässt. Man erlaube eine Notiz aus der Jury: Die Stimme, die gesagt hatte, ein Film sollte nie länger als 90 Minuten dauern, schwärmte: «Ich hätte gerne noch weiter geschaut.» Wir gratulieren Frank Matter zu diesen kurzweiligen 2 Stunden und 20 Minuten, die unangestrengt und multiperspektivisch zeigen, wie die Geschichte an uns und in der Welt arbeitet.»
Thomas Haemmerli, Laudatio Basler Filmpreis 2021
«Die persönlichen Themen seines Lebens verbindet (der Regisseur) auf handwerklich geschickte und intelligente Weise mit grundlegenden Wendepunkten des 20. und 21. Jahrhunderts, indem er sie in ein breites Spannungsfeld politischer, sozialer und psychologischer Momente setzt: den konvergierenden Modellen von Sozialismus, Kommunismus und Kapitalismus, dem Kampf für Freiheit, Gleichberechtigung, Selbstermächtigung, der individuellen Emanzipation vor dem Hintergrund der Familiengeschichte. Es ist einem sorgfältigen Editing zu verdanken, dass der Film diesen anspruchsvollen inhaltlichen Spagat elegant meistert. Dabei schafft der Filmautor Distanz zu sich selbst, indem er den Schauspieler Stefan Kurt als sein Alter Ego sprechen lässt. Archivbilder historischer Umbrüche und biografische Momentaufnahmen verbindet er mit den Begegnungen mit den Protagonisten über einen längeren Zeitraum, in dem Entwicklungen, Stagnationen und Verwerfungen sichtbar werden. Das Resultat ist eine anregende Reise durch Brenn- und Wendepunkte eines halben Jahrhunderts, die jeden und jede mit sich selbst konfrontiert.»
CINEMA #67
«…ein interessanter Dokumentarfilm, der uns (…) dazu bringt zu verstehen, wie unteilbar die Menschheit letztlich ist und wie sehr wir alle Teil derselben Geschichte sind.»
Ivo Silvestro, La Regione
«Persönliche und kollektive Parabeln, private Archivbilder und Aufnahmen, die während des jahrelangen Drehs entstanden sind (…), vereinen sich zu einer Welt-Collage über den schwindelerregenden Strom der Geschichte, der uns mitreisst und über die individuelle Existenz hinaus konditioniert und uns verbindet, über all unsere sozialen Unterschiede hinaus.»
Silvia Nugara, Cultframe
«Besonders toll finde ich an diesem Film (…) genau diese Mischung von Lebens- und politischen Ereignissen. Es ist eine Chronik gespiegelt über die Kindheits- und Jugenderinnerungen des Autors, ein doppelter Spiegel: extrem spannend! … Ausgesprochen gelungen…»
Michael Sennhauser, Kulturstammtisch
«… eine sehr poetische Idee… sehr kurzweilig. Viel Historisches schön und unaufdringlich eingesprengt… Die Auswahl der historischen Ereignisse, die in die privaten Geschichten hineinspielen, ist gut gemacht.»
Raphael Urweider, Kulturstammtisch
«Faszinierendes Material.… Ein spannendes Werk, in das es sich lohnt hineinzuschauen.»
Eric Facon, Kulturstammtisch